Gedächtnisstörungen und Demenzerkrankungen

Was tun bei einem Verdacht auf Demenz?

Wenn Sie Symptome wie Vergesslichkeit, Unkonzentriertheit, depressive Verstimmungen oder nachlassende Fähigkeiten wahrnehmen, sollte Ihr Hausarzt die erste Anlaufstelle sein. Die meisten Ärzte sind über Demenzerkrankungen gut informiert und können sogenannte Screening-Tests durchführen, mit denen eine erste Einschätzung möglich ist, ob eine Demenzerkrankung vorliegen könnte.

Um genauere Hinweise auf zugrunde liegende Erkrankungen zu finden und Behandlungsmaßnahmen einzuleiten, sollten Sie einen Facharzt (Gerontopsychiater, Neurologe) oder spezielle Diagnosezentren (Gedächtnissprechstunde, Memory Clinic) aufsuchen. Dort können weitere Tests und Untersuchungen durch erfahrene Fachleute gemacht werden.

Neben der medizinischen Abklärung sind für Betroffenen und Angehörige aber auch Information und Beratung über Hilfe- und Entlastungsmöglichkeiten wichtig. Am besten wenden Sie sich daher mit Ihren Fragen und Problemstellungen frühzeitig an die im Kapitel „Unterstützung“ genannten Beratungsstellen.

Leichte kognitive Störung

Lassen Denk- und Gedächtnisfähigkeiten beim Älter werden deutlicher nach als es dem Altersdurchschnitt entspricht, kann eine über das normale Altern hinausgehende sogenannte „leichte kognitive Störung“ vorliegen. Anzeichen dafür können sein: Es werden immer wieder Termine vergessen oder  Dinge verlegt, Konzentrationsstörungen treten regelmäßig auf  oder anspruchsvollere Alltagsaufgaben können nicht mehr bewältigt werden.

Die Ergebnisse bei einem Gedächtnistest fallen dann im Vergleich zu anderen Menschen gleichen Alters auffallend schlechter aus. Sie sind andererseits nicht so schlecht, dass bereits auf eine Demenzerkrankung geschlossen werden kann. Zeigen auch hinzukommende diagnostische Untersuchungen (z.B. eine Nervenwasseruntersuchung, Computertomographie usw.) keine weiteren Hinweise für einen Demenzerkrankung, wird in der Regel die Diagnose einer „leichten kognitiven Störung“ gestellt. Diese wird auch als „Mild Cognitive Impairment“ oder „MCI“ bezeichnet. In mehr als der Hälfte der Fälle verändern sich diese Beeinträchtigungen auch in den folgenden Jahren nicht.

Bei etwa einem Drittel der betroffenen Menschen handelt es sich bei der leichten kognitiven Störung jedoch bereits um den Beginn einer Demenzerkrankung. Allerdings sind die Anzeichen der Erkrankung zu dem Zeitpunkt noch nicht eindeutig genug. Leichte kognitive Störungen, die nicht vom Beginn einer Demenzerkrankung herrühren, können vielerlei Ursachen haben. Neben einem rascheren altersbedingten Nachlassen des Gedächtnisses können beispielsweise besondere psychische Belastungen, organische Krankheiten oder Reizarmut und fehlende geistige Anregungen damit zusammenhängen.

Demenzerkrankungen

Als Demenz oder Demenzerkrankung werden alle organischen Erkrankungen bezeichnet, die zu einem fortschreitenden Nachlassen geistiger Fähigkeiten führen. Demenz ist also eine Art Sammelname für Krankheiten mit ähnlichen Auswirkungen (medizinisch: eine Symptommuster oder Syndrom). Die Alzheimer Krankheit ist die weitaus häufigste Form einer Demenzerkrankung.

Etwa zwei Drittel aller von Demenz betroffenen Menschen leiden an der Alzheimer Krankheit. Daneben gibt es durchblutungsbedingte Demenzerkrankungen, die auch als Vaskuläre Demenzen bezeichnet werden. Seltener treten Demenzen mit Lewy-Körperchen und Frontotemporale Demenzen auf. Insgesamt werden in der Medizin mehr als 50 weitere, vorwiegend jedoch seltene Demenzerkrankungen unterschieden.

Für die meisten Demenzerkrankungen stehen heute medikamentöse  Behandlungsmöglichkeiten zur Verfügung. Überwiegend ist jedoch keine Heilung möglich, sondern es kann im günstigen Fall eine zeitweise Verbesserung der geistigen Fähigkeiten erreicht und ein weiteres Fortschreiten der Krankheit über einen gewissen Zeitraum verhindert werden.

Immerhin 5-10% aller Demenzerkrankungen sind heilbar, wenn sie frühzeitig genug erkannt werden. Zu diesen sogenannten „sekundären Demenzen“ gehören vor allem Krankheiten innerer Organe, die sich indirekt auf den Hirnstoffwechsel auswirken, bestimmte Medikamentennebenwirkungen und raumfordernde Prozesse im Gehirn wie Tumoren oder Blutungen.

Möglicher Verlauf

Demenzerkrankungen beginnen meist allmählich oder schleichend. Manchmal gibt es aber auch auslösende Situationen nach denen Beeinträchtigungen besonders auffallen, wie z.B. ein Krankenhausaufenthalt oder der Verlust des Ehepartners. Eine Demenzerkrankung wird durch solche Ereignisse jedoch nicht verursacht, sondern es sind bereits seit längerem viele Nervenzellen geschädigt und die Symptome der Erkrankung werden durch die psychisch belastenden Ereignisse erstmals offenkundig.

Erste Schädigungen der Nervenzellen durch die Alzheimer Krankheit beginnen nach heutigem Kenntnisstand bereits 20-30 Jahre bevor die Symptome der Krankheit auftreten. Merkbare geistige Beeinträchtigungen treten erst auf, wenn bereits viele Nervenzellen und deren Verbindungen im Gehirn geschädigt sind. Dann kann das Gehirn den Verlust dieser Nervenzellen nicht mehr ausgleichen.

Demenzerkrankungen verlaufen, besonders in den Anfangsjahren, einerseits immer sehr individuell. Anderseits gibt es – v.a. bei der Alzheimer-Demenz – typische Veränderungen, die sich in unterschiedlichen Ausprägungen beobachten lassen:

  • Neben dem Nachlassen von Konzentration, Aufmerksamkeit und Merkfähigkeit gehen zunehmend auch die Urteilsfähigkeit und das Denkvermögen verloren.
  • Ergeben sich zunächst Einbußen beim Kurzzeitgedächtnis, kann im weiteren Verlauf auch das Langzeitgedächtnis betroffen sein.
  • Die Orientierung zu Zeit, Ort und Personen werden zunehmend schwieriger.
  • Sprache und Gesprächsinhalte reduzieren sich und können im fortgeschrittenen Stadium ganz versiegen.
  • Alltagspraktische Fähigkeiten lassen nach, vertraute Handlungen fallen schwerer und sind später möglicherweise gar nicht mehr möglich. Damit einher gehen ein zunehmendes Angewiesen-Sein auf Hilfe und Unterstützung im Alltag.

Demenz und Lebensqualität

Trotz der beschriebenen Veränderungen und der damit einhergehenden Belastungen für Betroffene und Angehörige können auch Menschen mit Demenz Glück, Wohlbefinden und Zufriedenheit erleben. Lebensqualität und Demenz schließen einander nicht aus. Voraussetzung hierfür ist allerdings, dass Menschen mit Demenz auf ein Umfeld treffen, das Verständnis entwickelt und sie nicht ausschließt. Oder wie es Prof. Dr. Thomas Klie von der Evangelischen Hochschule Freiburg formuliert: „Ob ein Leben mit Demenz (auch) ein gutes sein kann, hängt ganz entscheidend von der Gesellschaft ab und davon, wie wir die Demenz sehen, verstehen und Menschen mit Demenz in unser leben einbeziehen.“